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Predator oder Parlamentsdebatte?

NEOS TEAM
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Bei unserer #sagtsonstkeiner Challenge gewann der folgende Beitrag von Paul Grohmann den 3. Platz.  

Ganz Österreich wurde von uns dazu aufgerufen zu sagen, was sonst keiner sagt. Aus zahlreichen Einsendungen küren wir hiermit den 3. Platz und bedanken uns sehr herzlich für diese gelungene und kontroverse Rede. 

Sehr geehrte Damen und Herren,
werte Abgeordnete des Nationalrats,
werte Volksvertreter,

mein Name ist Paul Grohmann und ich bitte Sie, mir bei einer Frage zu helfen, welche mich intellektuell überfordert: Wieso gibt es eigentlich Parlamentsdebatten und wieso werden diese im Fernsehen übertragen?

Hintergrund meiner Frage: Ich habe in manch verzweifeltem Moment, nachdem ich bei mir daheim wieder einmal ein verwüstetes Kinderzimmer vorgefunden hatte, schon daran gedacht, meinen 6 und 9 Jahre alten Töchtern als Strafe für ihr konsequentes Nichtaufräumen eine Parlamentsdebatte live verfolgen zu lassen. 😊Bislang habe ich mich allerdings nicht dazu durchgerungen. Dafür liebe ich meine Kinder zu sehr!

Sehr geehrte Abgeordnete, lassen Sie mich bitte an dieser Stelle meine grundsätzliche Wertschätzung für Sie und Ihre Arbeit aussprechen: Danke, dass Sie gelobt haben, diesem Land und den Menschen zu dienen. Ich wünsche Ihnen dabei alles Gute!

Allerdings möchte ich nicht verhehlen, dass das Bild, das Sie in den Parlamentsdebatten vermitteln, Ihnen und Ihrer Arbeit nicht gerecht wird. Denn ganz ehrlich: Verglichen mit der Diskussionskultur der höchsten politischen Repräsentanten unserer Republik geht es bei der Auseinandersetzung meiner Kinder, wer das letzte Stück Schoko-Nuss-Palatschinke bekommt, ja geradezu gesittet ab. Deswegen frage ich mich: wieso tun Sie das? Und: wieso lassen Sie Ihre Wähler daran teilhaben?

Mir ist schon klar, dass es bei den Debatten weniger um eine inhaltliche Annäherung geschweige denn um einen Kompromiss, sondern um die eigene Positionierung vor der Wählerschaft geht. Aber gehören persönliche Beleidigungen, hämisches Lachen und lautes Brüllen von den Sitzen unbedingt dazu? Verzeihen Sie mir bitte diese Bemerkung, aber ich bin mir manchmal wirklich nicht sicher, ob Ihnen klar ist, welches Bild damit nach außen abgegeben wird. Ich formuliere es mal so: vor die Wahl gestellt, ob meine Kinder Arnold Schwarzenegger’s blutrünstigen „Predator“ oder eine Parlamentsdebatte im TV verfolgen müssen, da würde ich mir mit der Entscheidung schwer tun. 😊

Dabei haben Politiker viel mehr gemeinsam als sie trennt. Sie sind Politiker und damit eint sie schon einmal ein Bündel an Charaktereigenschaften, die sie per se teilen. Außerdem teilen Politiker gleichermaßen die Bürden ihres Amtes: nämlich zahllose Überstunden, persönliche Untergriffe und steter Undank der Wähler. 😊 Sie sind also im Grunde genommen viel mehr gleich als anders. Tun Sie sich doch zusammen! Der Vergleich mag zwar wenig charmant sein, aber stellen Sie sich vor, Sie sind allesamt Ruderer auf der Galeere „Felix Austria“: Ein taktvolles Miteinander bringt die Galeere rascher voran, als wenn die Ruder sich ständig ineinander verkeilen.

Wie wäre es also mit einer neuen Debatten-Kultur? Eine Kultur des gegenseitigen Respekts. Eine Kultur einer gewissen Wertschätzung für Kollegen, egal welcher Partei sie angehören. Ein Wettbewerb der besten Ideen, wo es weniger wichtig ist, in welcher Parteizentrale diese geschmiedet wurden. (Mich würde jetzt interessieren, wieviele von Ihnen gerade schmunzeln mussten und mutmaßen, wie naiv der Verfasser dieser Zeilen wohl sein mag 😊).

Lassen Sie uns weiterträumen und noch einen Schritt weiter gehen: Vielleicht denken unsere Politiker irgendwann einmal über Legislaturperioden und zu gewinnende Wahlen hinaus. Lassen Sie uns die großen Fragen dieser Zeit angehen: Pensionen, Klima, Bildung etc. Ja ich weiß, das sind nicht die Themen mit dem größten Sex-Appeal. Und klar, möglicherweise ernten den Erfolg der von Ihnen gesetzten richtigen Maßnahmen erst ihre Nachfolger und Sie befinden sich da bereits in wohlverdienter Polit-Pension. Womöglich ernten die notwendigen politischen Maßnahmen aber auch das Missfallen so mancher Wähler. Aber es ist Politikern ja nicht verboten, Maßnahmen zu setzen, die dem Wähler vielleicht nicht gefallen, aber dafür zu seinem Besten sind, oder?

Eines ist natürlich klar: damit die Politik womöglich unpopuläre aber richtige, weil notwendige Schritte setzen kann, braucht es auch eine Wählerschaft, die das honoriert. Es braucht uns Wähler, die eine mutige Politik belohnen anstatt zu bestrafen und lieber durchschaubaren Wahlzuckerln zu verfallen. Es braucht mutige Politiker und besonnene Wähler. Beides haben wir im Moment (noch) nicht – zumindest nicht in ausreichendem Maß. Aber vielleicht wollen Sie ja vorangehen. Setzen Sie den ersten Schritt. Seien Sie mutig! Das Land und seine Leute brauchen Sie. Abschließend: Danke für Ihr Wirken und alles Gute!

Die Gewinner:innen der #sagtsonstkeiner Challenge

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