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Der Mythos vom „billigen russischen Gas“

Im ORF-Sommergespräch spricht sich Herbert Kickl für russisches Gas gegen den starken Anstieg der Energiepreise aus. Doch das ist weit von der Realität entfernt, wie das NEOS Lab bereits 2024 analysierte. Eine Mythenjagd.

Seit dem Angriffskrieg Putins auf die Ukraine hat Russland seine Energieexporte zu Waffen gemacht und versuchte in der Europäischen Union Regierungen unter Druck zu bringen. Im gestrigen ORF-Sommergespräch kam FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl wiederholt auf die Energiepreise zu sprechen, die vor allem als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine stark gestiegen sind. Er brachte den gestoppten Bezug von russischem Pipeline-Gas ins Spiel und hätte in diesem Zusammenhang „lieber die Abhängigkeit dort, wo das Gas billiger ist“. Doch stimmt das? Eine Mythenjagd durch die Daten.

Keine Spur von „billig“

Das NEOS Lab hat dazu die Außenhandelsstatistik der Statistik Austria analysiert. Mithilfe der Außenhandelsdaten lassen sich auch die Preise für Gasimporte in den vergangenen Jahren nachzeichnen. Sie zeigen die Mengen und Werte des Erdgases, das über die Grenze nach Österreich eingebracht ist. Auch in Deutschland werden sogenannte Grenzpreise für Gas veröffentlicht. Allerdings lässt Österreich darüber hinaus auch noch zu, die Importe bestimmten Exportländern zuzuweisen. 

Tatsächlich zeigt ein Blick auf die Preise für russische und nichtrussische Gasimporte nach Österreich in den Jahren 2007–2021 einen sehr ähnlichen Verlauf. Die Preise bewegten sich in Tandem und waren mal niedriger, mal höher. Das ist auch nicht weiter überraschend. Russisches Gas war nicht billiger, sondern stets zu Marktpreisen bewertet.

Doch wie sieht es nach 2021 aus? Also ab jenem Zeitpunkt, ab dem Russlands Gazprom aktiv die Speicher in Europa leerte, um die Erpressung der Energiepolitik vorzubereiten? Aber diesem Zeitpunkt ändert sich erstmals der ermittelte Preis aus der offiziellen Außenhandelsstatistik: Es zeigen sich plötzlich signifikante Aufschläge für russisches Gas. Dies widerspricht der weitverbreiteten Vorstellung, russisches Gas sei eine günstige Option für Österreich.

Belege für „billiges russisches Gas“ zeigen die offiziellen Daten in jedem Fall nicht.  Die Außenhandelsstatistik zeigt klar: Russisches Gas war durchschnittlich um 22 Prozent teurer als andere Importe im Jahr 2023. In manchen Monaten verdoppelten sich die Kosten gar. Diese Zahlen stellen die Behauptungen von Gazprom und deren Befürwortern, das russische Gas sei preiswert, stark infrage. Vielmehr zeigt sich, dass die Importe aus Russland sehr ähnlich zum Börsepreis am CEGH (Central European Gas Hub) entwickelt haben. Vielmehr sind offensichtlich die sonstigen Importe günstiger geblieben. Woran das liegt, ist schwer zu sagen. Eine Möglichkeit wäre, dass nichtrussische Liefermengen zu langfristigen Preisen eingekauft wurden, und nicht wie russisches Gas zu aktuellen Kursen bewertet wurden. Darüber hinaus können auch unternehmenseigene Verrechnungspreise den Preis dämpfen, oder Mengen, die gar nicht erst in der offiziellen Statistik aufscheinen.

Doch woher kommt der große Preisabstand zu den nichtrussischen Mengen? Es sind vor allem die Preise von Deutschland, die dafür den Ausschlag geben. In der folgenden Tabelle sind die Preise aus der Statistik für die wichtigsten Importländer jenseits von Russland aufgetragen für die drei Jahre 2021, 2022, 2023. Es werden jeweils die gewichteten Durchschnittspreise für die Kalenderjahre gezeigt.

Die Kunden in Österreich zahlen drauf

Kommen wir nun zu den Endkundenpreisen. Wurde dort ein besonderer „Russlandabschlag“ in Österreich beobachtet? War Gas in Österreich billiger, weil russisches Gas verwendet wurde? Erste Analysen in der akuten Energiekrise, etwa vom renommierten Ökonomen Daniel Gros, haben den Mythos bereits 2022 weitgehend entzaubert. Analysiert man dieselben Daten von Eurostat für Österreich, dann sieht man: Weder Haushaltskunden noch Unternehmenskunden haben in Österreich je besonders wenig für Gas bezahlt. Vor 2021/22 lagen die Preise meist ähnlich hoch wie im Rest Europas (was nicht überraschend ist, wenn das Gas der Gazprom zu Marktpreisen bewertet und verkauft wurde). 

Doch auch hier gab es in der Energiekrise eine deutliche Preissteigerung in Österreich. Bei den Unternehmenskunden war diese weniger ausgeprägt als bei den Haushalten.

Das wirft die Frage auf: Warum? Warum hält sich nicht nur der Mythos vom „billigen“ Gas, wenn es weder bei den Endkunden noch bei den Importen Hinweise darauf gibt, sondern eher Hinweise auf das Gegenteil: Eine Abzocke? Tatsächlich zeigt nicht nur die oben skizzierte Analyse der Außenhandelsdaten, dass die russischen Gasimporte eher teuer als billig waren. Auch die Energieagentur schreibt in ihrer viel beachteten Analyse 2022: „Daraus lässt sich ableiten, dass weder in Deutschland noch in Österreich billiges russisches Gas „angekommen“ ist.“ (Energieagentur)

Natürlich lässt das den unangenehmen Schluss zu, dass die österreichische Energiepolitik von Gazprom-Propaganda eingefangen war und sich zu Putins „nützlichen Idioten“ gemacht hat. Denn die Milliarden für das russische Gas waren durchaus wichtige Stabilisatoren für die Gazprom und für die russische Kriegswirtschaft.

 

Dieser Artikel von Lukas Sustala wurde ursprünglich am 25.2.2024 auf der NEOS Lab Website veröffentlicht und aus aktuellem Anlass hier in gekürzter und aktualisierter Form neu veröffentlicht.

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