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30 Jahre Österreich in der EU

Wie Österreichs langer Weg nach Brüssel zur europäischen Erfolgsgeschichte wurde – und warum die Zukunft der EU gerade erst beginnt.

Am 1. Jänner 1995 trat Österreich der Europäischen Union (damals noch Europäische Gemeinschaft, EG) bei. Es war das Ergebnis einer klaren Entscheidung der Bürger:innen: 66,6 % der Österreicher:innen stimmten am 12. Juni 1994 bei der EU-Volksabstimmung bei einer hohen Wahlbeteiligung von 82,5 % für den Beitritt. Die der Bevölkerung vorgelegte Frage, die mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten war, lautete: 

„Soll der Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 5. Mai 1994 über das Bundesverfassungsgesetz über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union Gesetzeskraft erlangen?“ 

Der Beitritt war eine echte Zäsur – wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich. 

Heute, 30 Jahre später, ist klar: Der EU-Beitritt war eine der bedeutendsten Weichenstellungen der Zweiten Republik. Höchste Zeit für einen Rückblick – und einen kritischen Blick nach vorn.

Schuman, Schilling, Schengen 

Es war ein langer Weg nach Brüssel. Die Erfahrungen der beiden Weltkriege machten eine enge Zusammenarbeit in Europa notwendig. 1950 schlug der französische Außenminister Robert Schuman vor, die Kohle- und Stahlproduktion Europas gemeinsam zu organisieren, um einen Krieg zwischen den Erzfeinden Frankreich und Deutschland „nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich“ zu machen. Auf dieser Grundlage wurde 1952 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) gegründet – ein erster Schritt zur europäischen Einigung. 1957 folgten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) – das Fundament für die spätere Europäische Union. 

Schon ab den 1960er-Jahren suchte Österreich die Annäherung an die EWG – etwa als Gründungsmitglied der EFTA (Europäische Freihandelsassoziation). 1989 stellte Außenminister Alois Mock mit dem sogenannten Brief nach Brüssel das Beitrittsansuchen, doch erst nach dem Ende des Kalten Krieges war der Weg dafür wirklich frei.

Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) und Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) waren die politischen Architekten des Beitritts, Mock bereitete das Land in enger Abstimmung mit dem damaligen Kommissionspräsidenten Jacques Delors auf den Beitrittsprozess vor. Nachdem die Europäische Kommission die Aufnahme Österreichs im Juli 1991 befürwortet hatte, starteten die Verhandlungen am 1. Februar 1993.

Ein Jahr später, am späten Abend des 1. März 1994, gab Alois Mock mit den Worten „Österreichs Weg nach Europa ist frei!“ die erzielte Einigung bekannt. Am 4. Mai 1994 erteilte schließlich das Europäische Parlament die Zustimmung zum Beitritt Österreichs, die laut Verfassung erforderliche Volksabstimmung wurde für den 12. Juni angesetzt – und wurde von zwei Drittel der Österreicher:innen mit „Ja“ beantwortet. 

Europa wächst: Aus 12 wurden 15 

Nur zwölf Tage nach der Abstimmung in Österreich unterzeichneten die damaligen zwölf Mitglieder und die drei neu beitretenden Staaten (neben Österreich auch Schweden und Finnland) den EU-Beitrittsvertrag beim Europäischen Rat auf der griechischen Insel Korfu. 

Von der Antragstellung 1989 bis zum Beitritt 1995 vergingen nur sechs Jahre. Zum Vergleich: Manche aktuell laufenden Beitrittsverhandlungen dauern schon doppelt so lange – ohne Abschluss. 

Mit dem EU-Beitritt war auch der Weg ins Schengen-Abkommen geebnet – 1997 trat Österreich dem grenzkontrollfreien Raum bei. Was heute selbstverständlich wirkt – freies Reisen ohne Passkontrollen zwischen Innsbruck und Amsterdam – war damals ein gewaltiger Schritt. Für ein Land, das jahrzehntelang an der geopolitischen Schnittstelle zwischen Ost und West lag, wurde offene Mobilität zur neuen Normalität. 

1999 folgte der Beitritt zur Eurozone, am 1. Jänner 2002 sagte Österreich dem Schilling Adieu und führte gemeinsam mit 11 anderen EU-Mitgliedstaaten den Euro als Währung ein. 

Zahlen, Daten, Fakten

  • Über 100 Abgeordnete hat Österreich in den letzten 30 Jahren ins Europäische Parlament entsandt.
  • Österreich hatte bisher drei Mal den EU-Ratsvorsitz inne: 1998, 2006 und 2018. Den nächsten Vorsitz werden wir frühestens  2031 haben.
  • Die Regierungsvorlage des EU-Beitrittsvertrags umfasst 438 Seiten – das entspricht dem Gewicht von ca. 43 Kaisersemmeln.

Dank der EU ... 

  • ... sind 700.000 Arbeitsplätze in Österreich entstanden. 
  • ... durften 350.000 Menschen bereits Teil von Erasmus sein. 
  • ... hat jede und jeder von uns über 3.800 Euro pro Jahr an wirtschaftlichen Vorteilen. 

Lieber drinnen als draußen 

Seit drei Jahrzehnten ist Österreich Mitglied der Europäischen Union – und dieses gemeinsame Europa hat unser Land sicherer, wohlhabender und lebenswerter gemacht. Die EU ist eine Erfolgsgeschichte, von der alle Menschen in Österreich profitieren. Drei Jahrzehnte später ist vieles selbstverständlich geworden: Freies Reisen, gemeinsamer Binnenmarkt, Umweltschutz-Richtlinien, Roaming-freies Telefonieren, Studiensemester in Paris oder Praktikum in Kopenhagen. 

Doch Europa steht unter Druck: Autokratische Tendenzen, globale Unsicherheiten, Klimakrise und veränderte Demografie verlangen mehr denn je nach einer handlungsfähigen, demokratischen Union, die mehr kann als zu regulieren. Und während andere Länder und vor allem rechtspopulistische Parteien das Austreten romantisieren, wissen wir: Drinnen ist besser als draußen. Wenn wir mitgestalten wollen, müssen wir dabei sein – nicht als Bremser:innen, sondern als Gestalter:innen. 

Wie geht es weiter mit der EU? 

Die nächsten 30 Jahre? Sie werden nicht einfacher. In 30 Jahren könnte die EU 35 Mitgliedstaaten haben – oder nur noch 20. Sie könnte Weltmacht im Klimaschutz sein – oder Spielball globaler Interessen. Was es braucht, ist der Wille zur Reform. Ein Update für Europa, das Demokratie stärkt, Bürokratie abbaut und die Bürger:innen wieder ins Zentrum stellt. 

Denn eines hat Österreich in den letzten 30 Jahren gelernt: Ein starkes Europa ist kein Selbstläufer – aber es ist unser bisher bestes Projekt für Frieden, Wohlstand und Freiheit.

Helmut Brandstätter zu 30 Jahren EU-Beitritt

Wie unser EU-Abgeordneter Helmut Brandstätter den EU-Beitritt miterlebte, welche Erinnerungen sich an sein Praktikum in der EU-Kommission im Jahr 1981 eingeprägt haben und was er sich für die und von den nachkommenden Generationen im Bezug auf die EU wünscht, hat Helmut Brandstätter in einem Kommentar für Materie geschrieben.

Darin schreibt er, dass der EU-Beitritt eine historische Entscheidung war – es jetzt aber Engagement braucht, um das europäische Projekt mit Herz und Verstand weiterzuführen.

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