Wie wir die Sicherheitsstrategie modernisieren – gemeinsam mit der Bevölkerung
Von Krieg bis Klimawandel: In drei Dialogforen wurde mit Bürger:innen über Österreichs Sicherheit diskutiert. Die Erkenntnisse fließen direkt in die neue Sicherheitsstrategie ein.

© BMEIA (Screenshot)
Die geopolitische Lage Europas hat sich grundlegend verändert. Krieg in der Ukraine, digitale Bedrohungen, wirtschaftliche Abhängigkeiten und die Folgen des Klimawandels zeigen, dass wir Sicherheit umfassender denken müssen. Dabei war von Anfang an klar: Eine neue, moderne Sicherheitsstrategie darf nicht hinter verschlossenen Türen entstehen – sie betrifft alle und muss gemeinsam diskutiert werden.
Genau deshalb haben wir in der Regierung darauf bestanden, die Überarbeitung der Österreichischen Sicherheitsstrategie (ÖSS) anders anzulegen als in der Vergangenheit. Die Aktualisierung wurde im April 2025 beschlossen – und zum ersten Mal ist ein breiter öffentlicher Prozess gestartet worden, der die Bevölkerung systematisch einbindet.
Drei Dialogforen in Innsbruck, Klagenfurt und Salzburg haben knapp 100 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger zusammengebracht, die die Vielfalt Österreichs abbilden. Die Universität Wien hat den Prozess wissenschaftlich begleitet und die Ergebnisse dokumentiert.
Was die Menschen in Österreich beschäftigt
Die Diskussionen haben deutlich gezeigt, dass Sicherheit für die Bevölkerung viel mehr ist als die klassische militärische Frage. Der Krieg in der Ukraine prägt das Bewusstsein für äußere Bedrohungen, gleichzeitig beschäftigen innerstaatliche Spannungen, Migration, Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt viele Menschen.
Parallel dazu ist die digitale Dimension im Mittelpunkt gestanden. Viele Teilnehmende sehen Desinformation, Cyberkriminalität und die Manipulationsmöglichkeiten sozialer Medien als zentrale Herausforderungen. Wirtschaftliche Abhängigkeiten, Teuerung und die Verletzlichkeit globaler Lieferketten sind ebenfalls als Risikofaktoren benannt worden. Ein besonders breites Bewusstsein gibt es für die sicherheitsrelevanten Folgen des Klimawandels: Extremwetterereignisse, Hitzeperioden und Hochwasser sind für weite Teile der Bevölkerung real spürbare Probleme.
Die Bevölkerung erkennt, dass Sicherheit mehrdimensional ist: Zusammenhalt, Resilienz, Bildung, Gesundheitsversorgung, digitale Sicherheit und Klimaanpassung sind zentrale Faktoren. Diese Perspektive fließt nun in die Überarbeitung der ÖSS ein.
Die Rolle Europas
Besonders bemerkenswert ist der klare Europabezug, den viele Teilnehmende hergestellt haben. Es herrscht ein breites Bewusstsein dafür, dass Österreich seine Sicherheit nicht im nationalen Alleingang gewährleisten kann. Europäische Solidarität und nationale Verteidigungsfähigkeit stehen dabei nicht im Widerspruch.
Auch Neutralität wird als identitätsstiftend gesehen, aber nicht als Schutzinstrument. Österreich kann neutral sein und gleichzeitig Verantwortung in Europa übernehmen – politisch, diplomatisch und sicherheitspolitisch.
Jede Sicherheitsstrategie ist letztlich nur so gut, als sie auch gelebt wird von einer ganzen Gesellschaft. Diese Resilienz zu stärken ist für mich der oberste Auftrag in den nächsten Jahren. Und das geht nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern und nicht über die Köpfe hinweg.Beate Meinl-Reisinger
Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten
Politische Prozesse für die Bürger:innen öffnen
Zu Beginn hat es Zweifel gegeben, ob Sicherheitspolitik für einen breiten Dialog geeignet sei. Die Dialogforen haben das Gegenteil gezeigt. Bürgerinnen und Bürger sind bereit, sich mit komplexen Themen auseinanderzusetzen. Beteiligung schafft Orientierung, stärkt die Resilienz der Gesellschaft und liefert eine verlässliche Basis für politische Entscheidungen.
Die Erkenntnisse aus den Dialogforen fließen in die neue Sicherheitsstrategie ein, die im ersten Quartal 2026 beschlossen werden soll. Sie haben gezeigt: Beteiligung führt zu besseren Entscheidungen, gerade bei komplexen Zukunftsthemen. Die Öffnung dieses Prozesses darf kein Einzelfall bleiben.
Sicherheit entsteht nicht durch Abschottung, sondern durch eine Gesellschaft, die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen – politisch, institutionell und im Alltag. Die Ergebnisse des Dialogforums Sicherheit zeigen, dass Österreich dafür gerüstet ist. Und sie zeigen, dass Politik anders funktionieren kann, wenn man sie für die Menschen öffnet.



