
Blockade beenden, Mercosur-Abkommen endlich abschließen!
Nach 25 Jahren Verhandlungen dürfte es auf die kommenden Tage ankommen, und Österreich könnte das Zünglein an der Waage werden: die Entscheidung über Mercosur.

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Verbinden wir einen Wirtschaftsraum von 715 Millionen Menschen und nutzen die Chancen, die sich dadurch ergeben, oder fahren wir wirtschaftlich im Protektionismus fest– in einer Welt, in der es zunehmend schwieriger wird, stabile Handelspartner zu finden?
Bereits jetzt sichert der Handel mit den südamerikanischen Staaten tausende Arbeitsplätze; ein erfolgreicher Abschluss des Abkommens mit Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay wäre ein Booster für Wirtschaftswachstum, Arbeitsmarkt und neue Chancen auf beiden Kontinenten.
Für Österreich ist entscheidend: Viele heimische Betriebe sind stark exportorientiert. In einer Zeit, in der geopolitische und weltwirtschaftliche Unsicherheit herrscht, ist es gerade jetzt wichtig, auf stabile, planbare und zukunftsträchtige Optionen zu setzen.
Genau dort setzt das Mercosur-Abkommen an: niedrigere Handelshemmnisse, ein verlässlicherer Marktzugang und ein Regelwerk, das Investitionen besser kalkulierbar macht.
Besonders relevant ist das für Bereiche, in denen Österreich traditionell wettbewerbsfähig ist, etwa Maschinen- und Anlagenbau, spezialisierte Industrieprodukte, Umwelt- und Energietechnologien oder hochwertige Konsumgüter. Für diese Sektoren zählen eben nicht Schlagworte und große Versprechungen, sondern konkrete Bedingungen: Zollbelastungen, Zertifizierungen, Genehmigungen, Durchsetzbarkeit.
Laut Berechnungen der EU-Kommission sichern die Exporte in die Mercosur-Staaten jetzt schon rund 32.000 Arbeitsplätze in Österreich. Mit Inkrafttreten könnten die europäischen Ausfuhren um bis zu 64 Prozent steigen, bei Industriegütern nahezu verdoppelt werden. Das bedeutet mehr Aufträge, mehr Jobs und mehr Wettbewerbsfähigkeit für Österreich.
Vor dem Hintergrund externer Belastungen – insbesondere zunehmender Handelskonflikte und Zollrisiken – wird dieser Punkt noch zentraler: Wenn sich Absatzmärkte verengen oder Unsicherheit steigt, gewinnt Diversifizierung an Wert. Neue Märkte ersetzen nicht automatisch alte, aber sie reduzieren Abhängigkeiten und stabilisieren Erwartungen.
Wenn ein weit verhandeltes, seit 25 Jahren verfolgtes und politisch priorisiertes Abkommen am Ende scheitert, schwächt das die Verlässlichkeit der EU als Vertragspartnerin. Das bleibt nicht ohne Konsequenzen für andere Verhandlungen – und für die Position Europas in einem Umfeld, in dem große Akteure immer offensiver industrie- und handelspolitische Macht ausspielen – Stichwort: Zollpolitik der USA.
Gerade deshalb ist das Thema nicht bloß „Handel“, sondern auch strategische Außenwirtschaftspolitik: Wer Partnerschaften diversifiziert, stärkt die eigene Verhandlungsmacht und reduziert politische Erpressbarkeit über Abhängigkeiten. Ein Umstand, der sich anhand der Entwicklungen der vergangenen Jahre noch einmal verstärkt hat: Im Osten kann ein Staat, der einen Aggressionskrieg gegen einen europäischen Partner führt, kein Handelspartner sein. Im Westen ein langjähriger Handelspartner – der er auch noch immer ist –, der jedoch zunehmend von Willkür und Impulsivität getrieben wird.
Europa muss sich nach neuen und stabilen Partnern umsehen – und das eigentlich nicht erst heute oder morgen, sondern gestern. Und diese wohl letztmalige Chance hat Europa noch, mit dem Mercosur-Abkommen. Die südamerikanischen Staaten werden nicht mehr lange auf uns warten. Umso wichtiger ist es auch, dass Österreich seine Position zum Abkommen endlich ändert.
Denn wenn es Spitz auf Knopf kommt und keiner aus dem Trio Polen, Italien oder Frankreich von seinem Nein zu Mercosur abschwenkt, könnte Österreich zum Zünglein an der Waage werden. Eine qualifizierte Mehrheit wäre dann einzig und allein von Österreichs Stimme abhängig. Und ja: Österreich ist durch einen Parlamentsbeschluss aus 2019 an ein Nein gebunden. Aber die geopolitische Lage war 2019 eine deutlich andere als 2025: Eine mehrjährige Pandemie, die Unternehmen und Industrie wirtschaftlich massiv zugesetzt hat, eine Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs und Trumpsche Zölle liegen hinter oder vor uns.
Österreich muss seine Chance nutzen und sich nun richtig entscheiden, denn sonst sind wir nicht nur das Zünglein an der Waage, sondern der Klotz am Bein der EU.

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